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Eine Brauerei in El Gouna

2008 - Brauereibesichtigung in Ägypten 

Ja, das gibt es auch und zwar in El Gouna. Das ist mal ein ganz anderer „Ausflug“ im Land der Pharaonen und auch mit sehr alter Geschichte behaftet!

Gegenwart: Nach dem Islam "darf" Alkohol ja nicht sein und soviel ich weiß, sind die wenigen Brauereinen genau aus diesem Grund in der Hand von Kopten. Es gibt aber KEIN Alkoholverbot im Land.  Eigentlich interessierte mich so eine Brauereibesichtigung in Ägypten nicht wirklich, jedenfalls nicht so wie die echten und leidenschaftlichen Brauereibesichtiger, da Bier nicht unbedingt zu meinen Trinkfavoriten gehört. Viel mehr war es meine chronische Neugier die mich im Januar 2008 an diesen Ort trieb, um den Mann kennen zu lernen, der hier in Ägypten eine Brauerei aufgebaut hat und heute noch (mit)leitet. Ekkehard Zitzmann, hoch gewachsener gebürtiger Schwabe und Braumeister mit jeder Faser seines Körpers. Im nach hinein muss ich aber sagen, der Besuch und auch die Besichtigung haben sich wirklich gelohnt, nicht etwa wegen der Promilleverkostung, sondern wegen des Informationsgehaltes!

Zur Person des Braumeisters: 
1957 begann Ekkehard Zitzmann seine heute über 50-jährige Brauerlaufbahn, die ihn in zahlreiche Länder Europas, Asiens und Afrikas führte, bis er schließlich 1999 in El Gouna ansässig wurde. Es ist eine Wonne seinen Erlebnisgeschichten zu zuhören. Fakten: Wer in Ägypten Bier brauen will muss auch Wein herstellen, anders geht es nicht. Ziel der El Gouna Brauerei ist, das 2008 jede zweite Flasche Wein im Land in El Gouna produziert wird. Die Reben hierfür wachsen überwiegend auf der SEKEM Farm in der Gegend um Kairo. Die ebenfalls auf dem Gelände in El Gouna ansässige Kelterei steht unter Leitung des libanesischen Weinexperten Labib Kallas. 

Zurück zum Bier: Wie in El Gouna das Bierbrauen begann - 1997/1998 suchte Samir Sawiris einen Braumeister und stieß auf Ekkehard Zitzmann.  Das erste lizensierte Löwenbräu Ägyptens entstand zwischen 1999 und 2001, in der von ihm geleiteten Sakkara-Brauerei, die anschließend an Al Ahram Beverages Company (ABC), die u.a. auch das allseits so beliebte Fayrous Erfrischungsbetränk herstellen, verkauft wurde. Was zur Folge hatte, dass die Bierqualität sank und aufgegeben wurde. Mit dem Bau der Luxor-Brauerei 2003 begann ein neues Zeitalter des Bierbrauens in Ägypten. Entgegen der Anlagenteile für Wein, die neu waren, wurden die Anlagenteile für´s Bierbrauen gebraucht aus Norwegen beschafft. Vom norwegischen Hardanger Fjord aus wurden technische Geräte, Braugefäße, Gär- und Lagertanks verladen und per Schiff nach Port Said gebracht. Nach nur zwei Jahren Bauzeit konnte auf 50.000 qm der Braubetrieb in El Gouna starten. Die Qualitätskontrolle der Brauerei, mit zentraleuropäischem Standard, übertrifft alle ägyptischen Getränkebetriebe und garantiert höchste Qualitätsansprüche. So gibt es z.B. in der Luxor-Brauerei die einzige Kastenwaschanlage in gesamten Ägypten.  Ein eigenes Labor, welches ebenfalls die neuste Technik aufweisen kann, analysiert nicht nur täglich die Wasserqualität, sondern auch die absolute Reinheit aller Produktionsabschnitte.

Alles was man zu Bierbrauen braucht, wie Hopfen (der aus klimatischen Gründen in Ägypten nicht wachsen kann), Malz und Hefe wird importiert, ebenso die Kronkorken und Etiketten.  Nur das Wasser stammt aus einer ägyptischen, ortsnahen Oase und unterliegt ständiger, sehr strenger Kontrolle. Um die Brauwasserqualität zu garantieren, wird das gesamte Wasser (20 m³ pro Std.) in mehreren Umkehrosmoseanlagen, die auf neusten Stand der Technik arbeiten, aufbereitet. In den drei Betrieben auf dem Gelände finden ca. 150 Personen einen Arbeitsplatz. Mit der lokalen Ausbildung des ausschließlich ägyptischen Personals wurde bereits vor neun Jahren in der damaligen Sakkara-Brauerei (Löwenbrauerei München), ebenfalls unter Leitung von Ekkehard Zitzmann, begonnen. Das seinerzeit ausgebildete Personal ist heute für die Produktion des Luxor-Bieres verantwortlich.

Was mich echt verblüffte, ist die Tatsache, dass dort Frauen beschäftigt sind. Die Arbeiterinnen bekommen 2 € am Tag. Das erscheint für uns erst mal wenig, ist es aber nicht. Es ist normaler Verdienst. Die Beschäftigten in der Brauerei haben Arztbesuche, Krankhausaufenthalte frei und dann wird es wird es wieder viel, was sie bekommen.
 
Heute zählt die Luxor-Brauerei mit guten 70.000 Hektolitern Bier pro Jahr, nach deutscher Klassifizierung, zu den kleinen Brauereien.
 
In El Gouna gibt es außerhalb des Betriebsgeländes ein Verkaufsbüro für dort lebende Europäer. Dort können alle Liebhaber des Luxor Bieres, ob nun
 
  • Luxor- Weizenbier (6%)
  • Spezial (4,5%)
  • Classik (5%)
  • XXX (10%)
  • Nuba (6%)

genießen.

Die Brauerei in El Gouna ist das einzige Unternehmen im gesamten arabischen Raum, in der Weißbier abgefüllt wird. Und die Vino-Liebhaber des Shahrazade (weiß, rose und rot) oder des Jardin du Nil Weines (rot und weiß) und der neu im Programm angebotenen Spirituosen, u.a. Arrak, kommen auch nicht zu kurz.

Kleine ägyptische Biergeschichte: Ich war erstaunt, die Braukunst in Ägypten ist sehr sehr alt. Schon zur Pharaonenzeiten gab es Brauereien. Der Brauprozess ist durch überlieferte Bilder erhalten. Wandmalereien, aus dem Grab des Kenamon in El Gurna bei Luxor zeigen, wie die alten Ägypter Bier brauten. Die alten Ägypter erhielten ihr Bier durch eine Gottheit, diesmal Osiris. Er war u.a. der Gott der Toten. Deshalb gab man den Verstorbenen u.a. auch Brot und Bier auf ihren nächsten Weg mit. Das Bier auch zu den Grabbeilagen gehörte, wird durch gefundene Krüge mit eingetrockneten Überresten von Bier belegt, die haufenweise in ägyptischen Gräbern gefunden wurden und ca. 1500 v. Chr. entstanden. Als erste ägyptische Stadt, in der Bier gebraut wurde, wird Pelusium (heute Khalij at Tinah) benannt, ca. 30 km südöstlich von Port Said.

Belegt ist auch, dass schon die alten Ägypter Bier mochten, es auch reichlich tranken, da es ein Grundnahrungsmittel aller Bevölkerungsschichten war und hin und wieder auch zu strategischen Zwecken genutzt wurde. Bier war Nationalgetränk und Volksnahrungsmittel, während der Wein für Könige und Priester bestimmt war. Also eher für´s gehobenere Volk! Bei rituellen und kultischen Festen, floss Bier in rauen Mengen, frei nach dem Motto „Hoch die Becher“. Auch wenn der Alkoholgehalt nicht so hoch war wie heute, es trübte natürlich auch das Bewusstsein und gefeiert wurde recht viel. Die Geschichte des Alkoholismus ist sicher genauso alt, schon damals wurde vor exzessivem Genuss gewarnt, der Rausch zerstöre die Seele und man dürfe die Arbeit nicht vergessen. Mit Bier und Brot bezahlte man oder wurde bezahlt. Ich habe irgendwo gelesen, das Trunkenheit für viele Ägypter als erstrebenswerter Zustand galt! Ich kann´s mir aber nicht wirklich vorstellen. Ich habe gelesen, dass Bier im alten Ägypten „Hek“ hieß, ob`s stimmt sei dahin gestellt. Kaum vorstellbar wenn man sich die Gegebenheiten, bzw. den öffentlichen Umgang mit Alkohol heute betrachtet.

Aber auch hier gibt es Veränderung, wenn auch hamdulillah nur (noch) im kleinen. Im Januar 2008 sah ich am hellerlichten Tag den ersten Ägypter mit ´ner Pulle Bier in der Hand, aber mehrere europäische und osteuropäische Menschen, die total abgefüllt waren, Männlein, wie Weiblein. Eine Frau musste mitten in der Stadt von einer auf die andere Straßenseite getragen werden, sonst hätte man sie bestimmt platt gefahren.  Aber zu Beruhigung - Von allen islamischen Ländern ist der pro Kopfverbrauch von Alkoholika in Ägypten am niedrigsten. Als ich vor etwas über 15 Jahren das erste Mal in Ägypten war gab es das sicher allseits bekannte gute alte Stella Bier, es war das einzige, so viel ich entdecken konnte. Damals soll der Inhalt fast jeder Flasche anders gewesen sein, mal trüb, mal klar, mal ungenießbar usw. Bei späteren Besuchen kam dann das Sakkara dazu, welches u.a. Herr Zitzmann „erfunden" hat. In dieser kleinen Beschreibung vermischen sich die Infos mit denen, die ich über oototo und Herrn Zitzmann bekommen habe und denen, die mir schon vorlagen.

Nachtrag 2011: Jardin du Nil White 2010 - Der erste Wein aus Ägypten gewinnt eine internationale Silbermedaille und im November 2012 die nächste Auszeichung, der Jardin du Nil Red 2009 gewinnt bei der Challenge Millesime Bio im französischen Montpellier wieder eine Silbermedaille. Alf Mabruk Herr Kallas!

Seit April 2009 heißt der neuen Besitzer Heinecken und die Brauerei in der Lagunenstadt trägt den Namen ,,El Gouna Beverage Company“. Eine Besichtigung, wie ich sie damals noch machen konnte, ist heute gar nicht so einfach zu organisieren. Fragt einfach in eurem Hotel, oder bei der TouristenInfo nach.