ist tatsächlich noch eine kleine typisch ägyptische Kleinstadt, die einst am Ende einer historischen Karawanenstraße lag. Heute befindet sich das Städtchen nur ca. 140 km von der Touristenmetropole Hurghada entfernt. Vor mehr als 10 Jahren war ich das erste Mal dort und bis heute empfinde ich diesen Ort als das schönste Küstenstädtchen am Roten Meer. Gerade in der Altstadt - rund ums Hafengebiet beschleicht den Besucher sehr schnell das "prickelnde" Gefühl - immer tiefer auf den Spuren längst vergangener Zeiten zu wandeln. An der gesamten Küste des Roten Meeres - gibt es meiner Meinung nach keinen geeigneteren Ort, um in ägyptisches Dorfleben einzutauchen - als in den verwinkelten Gassen von El Quseir. Noch gibt es ihn – den Charme von längst vergangenen Tagen – aber wer weiß wie lange noch. ....
Ein wenig Stadt-Geschichte: El-Quṣeir hat eine lange lange Geschichte, die bis ins Alte Reich reicht. Seit dieser Zeit war der Ort ein wichtiger Punkt auf der politischen und wirtschaftlichen Karte Ägyptens. Erst die Pharaonen des alten Ägyptens, dann die Römer, Türken, Franzosen, Engländer und letztendlich die Italiener - die ihre Lager in diesem mittlerweile etwas verschlafenen Städtchen errichteten.
Im ersten Jahrhundert vor Christus befestigte man das Tal Wadi Hammamat und erbaute den Hafen von Myos Hormos - knappe 8 km nördlich der heutigen Stadt. Damals, war dieser natürliche Hafen der nächst gelegene Versorgungspunkt für das antike Theben (heute Luxor). Tatsächlich bedeutet El Quseir übersetzt =„der / die Kürzeste“, da es die kürzeste Verbindung vom Nil war. Ehemals ein wichtiges Handelszentrum, mit einem ebenso wichtigen Hafen, u.a. für Pilger, die zu den islamischen Stätten nach Saudi-Arabien aufbrachen - lebt sie heute überwiegend vom Tourismus. Der eigentliche - am Meer gelegene Hafen ist leider unter dem Mövenpick Hotelbau verschwunden. Alles was übriggeblieben ist, sind ein paar Grundrisse von Häusern - auf der anderen Straßenseite.
Bis heute hat das kleine Städtchen einiges an "Kultur" zu bieten, denn mitten in der Stadt liegt ein wunderschön restauriertes (1997 bis 2005), aus der osmanischen Zeit stammende Fort aus dem 16 Jh., das zum Schutz des ursprünglichen Hafengebiets errichtet wurde. Das unterstreicht wiederum ihre frühere strategische Bedeutung. Die Türken hatten 1517 mit dem Bau begonnen. 1799 soll es von den Franzosen übernommen worden sein, als Napoleons eine Garnison in El Quseir stationierte. Kurz danach versuchte England - erst vergeblich - doch am Ende erfolgreich, die Franzosen aus Ägypten zu vertreiben. Als nächstes benutzte Muhammed Ali Pasha den Ort als einen seiner wichtigsten Stützpunkte - bis die Eröffnung des Suezkanals 1869 die strategische Wichtigkeit des Hafens so gut wie ganz aufhob. Vor der Eröffnung des Suezkanals war El Quseir zudem ein wichtiger Handelshafen, in dem Weihrauch, Elfenbein und Myrrhe umgesetzt wurden.
Durch die Entdeckung von Phosphat ca. 1912 erlebte die kleine Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung - Arbeitgeber war eine italienische Firma. Jetzt bestritten die meisten Einwohner - neben den herkömmlichen Fischfang - ihren überwiegenden Lebensunterhalt mit dem Abbau, der Aufbereitung und dem Export der Phosphate. Nach der ägyptischen Revolution von 1952 wurde die Firma enteignet und als die Wirtschaftlichkeit des Phosphatabbaus nachließ - wurde dieser eingestellt. Jetzt kommt der aufkeimende Tourismus ins Spiel - neben dem schon immer bestehenden Fischfang sollte nun der Tourismus die weggefallenen Arbeitsplätze ersetzen. Relikt aus der Zeit des Phosphatabbaus- und Handels gibt es allerdings auch heute noch, wie zum Beispiel ein altes - inzwischen verlassenes Fabrikgebäude in der Nähe der Koptischen Kirche und den Häusern in denen u. a. die Vorarbeiter wohnten.
Im Gegensatz zu anderen Küstenstädten hat sich das kleine Stadtzentrum noch einige Spuren seiner bewegten Vergangenheit bewahrt, die - wie schon erwähnt - bis in die Zeit der Pharaonen zurückreichen, als die Boote von hier aus in das Land Punt segelten, wie auf Reliefs im Hatschepsuts Tempel von Deir el-Bahri dargestellt ist.
Aber auch hier - wie überall auf der Welt - lässt sich die Zukunft nicht aufhalten. Bei fast jedem Ägyptenaufenthalt fahre ich mindestens einmal nach El Quseir und jedes Mal entdecke ich Häuser - die beim letzten Besuch noch bewohnt waren - nun aber verlassen sind und nach- und nach verfallen - teilweise werden die alten Lehmhäuser abgerissen, an gleicher Stelle wieder ein neues Gebäude aufgebaut. Andere Bewohner ziehen in die neuen Hochhäuser des etwas außerhalb entstandenen Stadtteil.
Interessante Sehenswürdigkeiten des Ortes, die man sich nicht entgehen lassen sollte:
Das Fort aus der osmanischen Zeit habe ich ja oben schon erwähnt. Ein Besuch lohnt sich, u. a. kann man von einer Mauer aus wunderbar übers Rote Meer schauen.
Direkt an der Cornish Street steht ein Haus, welches mich sofort verzauberte - als ich es vor etlichen Jahren entdeckte. Ganz früher trug es den Namen seines Besitzers: "Sheikh-Tawfik Haus" - heute heißt es "El Quseir Hotel" und ist m. M. nach eines der schönsten historischen Gebäude von El Quseir. Nach dem es einige Zeit leer stand - wurde es vor ein paar Jahren sehr liebevoll restauriert wurde. Ein wunderschönes Relikt islamischer Architektur, das sich durch zwei übereinander hängenden, großen- und recht gut erhaltenen Mashrabya auszeichnet, die fast ein Drittel der Gebäudefassade einnehmen. Mustafa - ein Nachkomme von Sheikh Tawfik hat die kleinen 6 Zimmer in der oberen Etage zweckmäßig - aber mit Feingefühl, wobei die Hauptmerkmale der Architektur erhalten blieben. Bad und WC befinden sich allerdings auf dem Flur. Durch dieses Haus kann man die Bemühungen der Stadt erkennen, antike Dinge zu erhalten, wieder herzustellen und mit Leben zu füllen. Nach dem Eingang mit kl. Rezeption auf der rechten Seite, wurde der ehemalige gr. Empfangsbereich im Erdgeschoss zu einem kl. netten Speiseraum umzuwandeln.
Etwas Besonderes ist auch die Shaykh Al-Farran Moschee die älteste von El Quseir mit ihrem uralten Minarett - ein sehr schönes Überbleibsel aus der Fatimidischen Zeit (ca. 969-1171), von denen es Landesweit nicht mehr all zu viele gibt. Spontan fällt mir da nur das Eine - in Esna ein. Im inneren der Moschee befinden sich Schreine von Heiligen, die die Überfahrt nach Mekka leider nicht überlebt haben.
Auch die alte Polizeistation - von Süden kommend - gleich hinter in einer Kurve auf der linken Seite - kurz vor dem Hafengelände und das direkt gegenüber stehende Checkpoint-Häuschen kann man eigentlich nicht übersehen. Geht man um die Ecke des ehemaligen Polizeigebäudes kommt man zu einem alten Getreidesilo, mit seinen runden Türmchen an den Mauern - leider sind dessen Türen und Tore seit ein paar Jahren zugenagelt.
Die Region um El Quseir ist mit dem Einzug des Tourismus immer mehr aus dem "Dornröschenschlaf" erwacht, vom einfachen Hotel, bis zur 5*****Sterneanlage findet man inzwischen alles was das Herz begehrt. Ich hätte z.B. nie gedacht, dass das Mövenpick-Resort schon vor mehr als 27 Jahren (1994) eröffnet hat. Allerdings liegen die heutigen Hotelanlagen alle mindestens 6-10 km vom eigentlichen Ortskern entfernt. Umweltsünden, wie z. B. Riffsprengungen für den Bau von Hotelanlagen, werden und wurden so gut wie nicht mehr durchgeführt - genau deshalb findet man vor Ort noch eine einigermaßen intakte Unterwasserwelt. Angeln oder gar Jet Ski sind, wie in den meisten Orten am Roten Meer in der Regel - auch hier verboten und die Anzahl der täglichen Tauchgänge soll limitiert sein. Betaucht wird das Rote Meer dort u.a. auch von Land und vom Boot aus und auch Schnochler werden sich wie in einem riesigen Aquarium fühlen.
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