Zum heiklen Thema Autofahren in Ägypten, unter dem Motto: HUUP, HABIBI, HUUP
(Habibi = eigentlich heißt es Freund - mit der Zeit wurde aber Liebling, Schätzchen oder mein Lieber usw. daraus),
In Ägypten fährt man alles was vier Räder und eine Hupe hat. Ein Auto ist erst dann wirklich kaputt wenn die Hupe kaputt ist, ohne Hupe ist man im ägyptischen Straßenverkehr so fehl am Platze „wie ein Taubstummer in einem Gesangsverein“. Ich kenne die Fahrweisen von: Italienern, Spaniern, Franzosen, Niederländern und Deutschen. Jedes Land hat seine eigenen Geflogenheiten, Ägypten aber, schlägt wohl die Meisten. Hier kann man nur defensiv fahren, anders geht es nicht. Das persönliche Reaktionsvermögen sollte sehr gut ausgeprägt sein. Generell gelten zwar die selben Regeln wie bei uns, doch tatsächlich bestehen andere, ungeschriebene Gesetze. Das Verhalten der ägyptischen Verkehrsteilnehmer ist dabei, so chaotisch es auch auf den ersten Blick scheinen mag, hervorragend den sich verändernden Verkehrssituationen angepasst und vor allem von gegenseitiger Rücksichtsnahme geprägt. Eine besondere Ausnahme bilden die Fahrer der Busse und Sammeltaxis, die auch gern makaberer Weise „fliegende Särge" genannt werden und auf den Überlandstraßen verkehren. Es gibt natürlich Verkehrsregeln, wie u.a. Geschwindigkeitsbegrenzungen Inner- u. außerhalb von Ortschaften, nur viele wollen sie nicht kennen und wer sie kennt, der beachtet sie nicht immer. So wie ein Bekannter m November 03, auf der Landstraße von Hurghada nach Safaga, wird sehr viel kontrolliert und auch geblitzt, ihn hatte es schließlich erwischt. Der Führerschein wurde sofort eingezogen. Um die Sicherheit der stetig wachsenden Verkehrsteilnehmer ist die Regierung weniger besorgt. In keinem Ägyptischen Auto wird man z. B. einen Verbandskasten finden, warum auch? „Allah fährt doch mit“!!
Aber ein WAGEBHEBER ist zwingend vorgeschrieben und ich denke, jeder Ägypter hat einen dabei. Soll doch der Reifenwechsel eine „Lieblingsbeschäftigung“ der Autofahrer sein. Die meisten Wagen haben profillose Bereifung. Zum Beispiel, weit aus dem Asphalt herausragende, scharfkantige Gullydeckel, oder die unzähligen Schlaglöcher, können sehr schnell den „tot“ eines Reifens bedeuten. Hat es einen Autofahrer tatsächlich erwischt, wird der Reifen natürlich an Ort und Stelle gewechselt. Es ist völlig egal, ob dies z. B. mitten in der Hauptverkehrszeit geschieht. Die ist ja eigentlich auch immer. Kein normal denkender Ägypter würde seinen Wagen an den Straßenrand schieben. Es kann dann schon mal passieren, dass zwei von drei Fahrspuren durch einen Reifenwechsler und seine Schaulustigen blockiert sind. In den meisten Fällen ist auf die Geduld der anderen Verkehrsteilnehmer verlass. Denn keiner kann voraussagen wann „Allah“ -ihn selbst mit einer Panne schlägt.
Kairo soll die lauteste Stadt sein, die zu Stoßzeiten und das sind 18 von 24 Std. rund 90 Dezibel erreicht. Ich hatte noch nie so richtig Angst als Mitfahrerin in Ägypten, -habe aber so manches Mal gedacht, -hui, das war knapp! In Hurghada und auch in Luxor gibt es sehr viel Kreisverkehr, der dort nicht immer unbedingt auf den ersten Blick - als solcher erkennbar ist. In diesen muss man sich regelrecht hineinhupen, sonst bleibt man draußen. Es gibt Standartsprüche wie: „Mach zuerst den Führerschein und dann bringe ich dir das Fahren bei“ oder „Hupe einmal um zu sagen ich komme, hupe zwei mal um Hindernisse zu verscheuchen, hupe drei mal usw., wer die lauteste Hupe hat, hat gewonnen (meistens). Ägypter hupen, sie hupen immer und für alles:
- für Fußgänger,
- für Eselskarren,
- für Gegenverkehr,
- zum Grüßen,
um dem Freund im fünften Stock zu sagen das man unten vor der Haustür wartet, um zu testen ob sie noch funktioniert und einfach nur so, weil man Auto fährt. Wer versucht im ägyptischen Straßenverkehr sich mit europäischen Regeln im Kopf ans Steuer zu setzen, kommt keine 10 m. weit. Grundsätzlich gilt: Vertrau nichts und niemandem, außer deinen eigenen Augen und deinem guten Reaktionsvermögen. Gefahren wird nicht nach Vorschrift, sondern nach Möglichkeiten. Diese aber hängen von höchst unterschiedliche Faktoren ab:
- Zustand des Fahrzeuges und des Fahrers,
- Beschaffenheit der Straße,
- Witz und (Über-) Mut,
- Instinkt und Frechheit und
- blindem Gottvertrauen
- aber auch absoluter Hirnlosigkeit ....
Auf Ägyptens Straßen und solchen die es sein wollen, herrscht eine an Anarchie grenzende Demokratie: Jeder hat das Recht, am Straßenverkehr teilzunehmen, allerdings auf eigenes Risiko. „Auch der Fahrradfahrer, der einem mitten in der Nacht auf einer Schnellstraße, auf der mittleren Fahrspur, langsam und wacklig, mit einem riesigen Korb frischgebackenem Fladenbrot auf dem Kopf, entgegenkommt. In seiner 1989 erschienen “Gebrauchsanweisung für Ägypten“ aus dem Piper Verlag, schreibt Wolfgang Koydl folgendes: „Das Fußgänger im Hexenkessel des Kairoer Verkehrs schnell in die Nähe einer vom aussterben bedrohten Gattung kommen können, lässt sich erahnen. Ägyptische Passanten legen daher ihr Schicksal in Allah`s Hand und bewegen sich mit einer grenzenlosen Apathie über die Straße“. ..
Ja, so ist das mit der Autofahrerei in Ägypten, jedenfalls in den Großstädten. In Hurghada und Umgebung hat sich doch so einiges verbessert, auch wenn die Ampeln (wenn sie funktionieren), zu 80% immer noch als Deco angesehen werden - es sei denn irgendwo steht ein Polizeiwagen.