ins arabische übersetzt: "Sekhetam" = Palmland, nannte man sie im alten Ägypten! Heute auch liebevoll „Königin der Oasen“. In der Antike war der Ort - am Rande des Großen Sandmeeres - auch unter dem Namen "Amonium" bekannt. "Santariya" nannten die Menschen den Ort bis ins späte Mittelalter.
Von der Mittelmeerküstenstadt Ma(e)rsa Matruh führt der ca. 345 km lange Weg nach Siwa durch überwiegend abwechslungslose Wüstenlandschaft. Unterwegs kann einen schon mal der Gedanke überrumpeln - wie: Rechts Sand, links Sand, vorne Sand und hinten auch. Was könnte nun noch kommen - außer Sand?? Das Bild wandelt sich erst, wenn man in die Nähe der „Senke“ kommt.
Ganz am westlichen Rand Ägyptens, in der libyschen Wüste liegt das Gebiet der Oase Siwa. Viele beschreiben sie als eine der faszinierendsten Oasen des Landes, die eine Länge von ca. 80, eine Breite von ca. 5 bis 27 km hat und bis zu 27 m unter dem Meeresspiegel liegt. Lange betitelte man sie auch als „die vergessene Oase“, da sie die am schlechtesten erreichbare aller ägyptischen Oasen war. Auch - oder gerade dadurch konnte sich hier (noch) eine recht eigenständige Kultur erhalten.
Im Jahr 1985 (andere Quellen sagen 1988) wurde die über dreihundert km lange geteerte Straße mit einer auf halber Strecke gelegenen "Ägyptischen Rastanlage", zwischen Mersa Matruh und Siwa fertiggestellt. Vorher verband die beiden nur eine sehr unwegsame Schotterpiste. Bis 1991 brauchte jeder Ausländer eine Genehmigung um überhaupt nach Siwa zu reisen. Wer heute über die schnurgerade Straße in Richtung Oase fährt, sollte aber tunlichst die gekennzeichnete Straße nicht verlassen. Außer, dass man sich in Sanddünen festfahren kann, lauern noch andere Gefahren, wie z.B. Minen aus dem 2. Weltkrieg, die an etlichen Stellen unter dem Sand lauern können.
„Siwaner“ nennen sich die ca. 25.000 Oasenbewohner. Überwiegend handelt es sich um Nordberber des Stammes „Amazigh“, die sogar eine eigenständig Sprache, den Berberdialekt „Siwi“ sprechen. Dadurch unterscheiden sie sich von den übrigen Ägyptern. Arabisch ist hier immer noch eine „Fremdsprache“. Dieser Zustand ist einmalig in Ägypten. Nur ganz wenige Bewohner koptischen Glaubens wohnen noch in der Oase, deren Leben durch massive Diskriminierung und daraus resultierende Isolierung geprägt ist. Genau wie die meisten anderen Oasen besteht Siwa nicht nur aus einem Ort, sondern aus mehreren Bereichen oder Dörfern. Wie Bahi El Din, Abu Shuruf, Kamisa, Balad al-Rum und Aghurmi. Letzteres war wohl die erste Ansiedlung, die aus strategischen Gründen auf einem Hügel, umgeben von einer Stadtmauer mit nur drei oder vier Toröffnungen erbaut wurde. Aus Platzmangel innerhalb der Stadtmauer, bauten die Menschen die Häuser nicht selten bis zu 7 Stockwerke in die Höhe. Als Baumaterial nutzten sie seiner Zeit getrockneten Salzschlamm.
1203 gründete man dann Shali, nachdem weniger als 50 Bewohner einen der häufigen kriegerischen Angriffe überlebt hatten. Um weiter zu bestehen zu können entschlossen sich die wenigen Überlebenden zum Bau von festungsartigen Schutz-Wohnburgen und so wuchs auch die Einwohnerzahl der Oase wieder. Ein verheerender bis dahin nie da gewesener dreitägiger Dauerregen zerstörte 1926 sehr viele der Bauten. Seit dem sind die auf dem Hügel gelegenen Gassen und Häuserreste verwaist. Danach siedelten sich die Menschen außerhalb der Stadtmauern an und wanderten ins Tal ab. Heute ist Alt-Shali eine unbewohnte faszinierende Ruinenstadt, die man unbedingt besichtigen sollte. Von fast jedem Standpunkt in Siwa, kann man die historischen Bautenresten auf dem Hügel sehen. Ist man oben angelangt, erwartet einen ein herrlicher Panoramablick über das gesamte Oasengebiet.
Dem Umstand, dass in Siwa auch Militärstationen verstreut sind, verdankt die Oase ihre heute recht gute Infrastruktur. Es gibt etliche Grundschulen, Mittelschulen, eine Handelsoberschule und sogar ein Gymnasium. Seit 1986 kann man per TV auch Bilder aus aller Welt empfangen und bestaunen. Durch Werbung aus aller Herrenländer wurde ein nie da gewesenes Konsumdenken angeregt. Was zur Folge hat, dass man in Siwa auch jetzt auch Pepsi oder Niveacreme kaufen kann. All das und vieles mehr, wird über die neue Straße herangekarrt. Siwas Haupterwerbsquelle sind seit je her die Früchte der rund 68.000 Olivenbäume und 300.000 Dattelpalmen, die weltweit berühmt für ihre hohe Qualität sind. Unter anderem gedeihen auf den fruchtbaren Feldern z.B. noch, Feigen-, Aprikosen- und Orangen, und sogar Weintrauben ganz wunderbar. Gemüsesorten, wie Tomaten und Zwiebeln, lieben den etwas salzhaltigen Boden.
Alle die schon mal in Ägypten waren, kennen evtl. die Wassersorte „SIWA“, sie wird tatsächlich in der Oase abgefüllt.
Vor ein paar Jahren wurde jedem neuen Besuchern ein „Flyer“ in die handgedrückt, in dem er Verhaltensregeln in der Oase nachlesen konnte. Wird wohl nötig gewesen sein. Wer hier her kommt, muss unbedingt noch mehr auf seine Bekleidung achten. Im Koffer sollten sich nur gut körperbedeckende Sachen befinden. Wie in den meisten Oasen ist das traditionelle Leben, zu der u. a. die strikte Geschlechtertrennung gehört, auch hier noch an der Tagesordnung. Frauen findet man im öffentlichen Leben noch nicht so häufig. Wenn sie doch einmal zu sehen sind, dann nur völlig verschleiert im traditionellen schwarzem "Malayah"-Gewand mit herrlich buntbestickten Rändern. Selbst die Hände werden mit Handschuhen gegen fremde Blicke geschützt. Nur ganz junge Mädchen dürfen sich unverschleiert in der Öffentlichkeit blicken lassen. Auf der einen Seite sagt der Traditionelle Siwaner-Mann: „Bei uns bleiben Frauen grundsätzlich im Haus“. Auf der anderen: „Wir dürfen den Anschluss an die Moderne nicht verpassen!!“
Und hier fängt ein Teil der „Moderne“ an, mit dem er sicher nicht gerechnet hat. Seit ein paar Jahren gibt es ein „Emanzipationsprojekt“ - wie ich es nennen würde: in Form eines Stickereiateliers, das durch eine Frau aus Kairo ins Leben gerufen wurde, in dem nur Frauen arbeiten und auch nur weibliche Wesen Zutritt haben. Hier können die Bewohnerinnen von Siwa ihr eigenes Geld verdienen und langsam unabhängiger werden. Sich seine Aussteuer selbst zu verdienen ist ein großer Schritt nach vorn für die Frauen aus Siwa. Früher bestickten sie Kissen, Tücher und Pluderhosen für den Eigenbedarf und später für Touristen. Heute kommt das zu bestickende Material u. a. aus Mailand. Es handelt sich um z.B. um hüfttiefe z.Zt. modische Jeanshosen, Tops, durchsichtige Blusen usw.. Alles Kleidungsstücke, die eine Frau aus Siwa nie und nimmer tragen würde. Für manche extravagante Jeans brauch eine Stickerin schon mal 2-3 Tage.
Ich könnte mir auch vorstellen, das man in der „Mashghal“ so heißt der Betrieb, ggf. Dinge kaufen kann. Einfach mal nachfragen. Siwastickerei ist sein je her bekannt.
Das „moderne“ Siwa liegt inmitten dicht bewachsener Dattelpalmgärten, Obstbaum- und Olivenhainen, warmen Süßwasserquellen und Salzseen. Sehenswert sollen u. a. die Gräber am Gebel Mawta aus der 26. Dynastie und ein Orakeltempel sein. Wer Berge mag, kann auf den „Djebel Dakrour“ kraxeln. Von dort oben hat man einen herrlichen Blick über die Palmenhaine, zahlreichen Seen und das „Dünengebirge“ des Sandmeeres. In vielen Reiseführern wird die „Sonnenquelle“, auch das Bad der Kleopatra`s genannt, erwähnt. Ein großes kreisrundes Becken in dem man theoretisch baden könnte. Da die Quelle aber an der Verbindungsstraße zu einem Nachbardorf liegt ist es eher ungünstig wenn Touristen dort in Badesachen rumhüpfen. Zum anderen soll sie inzwischen stark vermoost sein.
Im Umkreis von rund einem km Entfernung findet man die eher enttäuschenden Überreste des Tempels "Umm Ebeida", der zu ehren des Gottes Amun von einem Pharao erbaut wurde. Noch ein beliebtes Ausflugsziel ist die Insel Fatnas, im Salzsee Birket Siwa, oder auch Siwa-See. Das Land ist durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Inmitten von Palmen, hat man diese Quelle eingemauert.
Wer Ausflüge zu den über 300 Quellen und in die Umgebung machen will kann sich ein Fahrrad oder besser „Ägyptischen Drahtesel“ oder einen s.g. „Karussahs" – eine einachsigen Esel- und Pferdekarren mieten. Diese sind mit alten Autoreifen ausgestattet und hoppeln über die oft welligen Straßen. Sicher nichts für empfindliche Bandscheiben. Taxen gibt es meines Wissens (noch) nicht. Wer nach Siwa kommt, kann aber inzwischen unter rund 10 Hotels wählen, wie zum Beispiel das „Hotel Amoun“. Welches mit einem Kurhotel zu vergleichen ist. Behandelt wird u.a. Rheumatismus und Arthritis mit heißem Sand. „Sandbaden“ schein im gesamten Land ein neuer Trend zu sein, auch in Siwa ist ein neues Kurzentrum angedacht. Im „Cleopatra Hotel“ bekommt man ein Doppelzimmer mit Bad, ohne Frühstück für 20 LE und eine Bungalow-Luxuxsuite: mit Fernsehen, Aircondition, Badezimmer und Balkon für 120 LE, das sind mal gerade 16 €.
Etwas ganz besonderes sind die Öko-Lodgen, wie z. B. das Hotel Adrère Amellal, das es seit 2000 gibt und 2009 vom amerikanischen Magazin National Geographic Adventure in die Liste "Top 50 der Ecolodges" der Welt gewählt wurde. Hier kann die Nacht dann - mit ca. 300€ - etwas teurer werden. Aber es gibt auch günstigere, wie die Siwa Dream oder die Shali Lodge.
Wenn man dran denkt, wo man sich befindet, kann man wunderbar shoppen und die Seele baumeln lassen. Es gibt herrliche traditionelle Kleider, incl. Kopfschmuck mit antiken Münzen, Teppiche, Körbe usw.. Alles was die Siwaner u. a. nicht mehr brauchen, wird an Touristen verscherbelt. Wer Silberschmuck mag, der sollte die Augen offen halten. Die Siwaner finden Silber nicht mehr „Zeitgemäß“. Die SiwanerFrau von heute bevorzugt Goldschmuck.
Wer von Siwa aus, in südlicher Richtung, zur ca. 410 km entfernten Oase Bahariya will, sollte sich erkundigen ob das so einfach möglich ist. Nicht, dass das Militär euch in der Wüste abfängt und zurück bringt. Viele (Weiterfahrten) gehen nur mit behördlicher Genehmigung, auch wenn die Strecke seit Anfang der Neuziger Jahre für Privatpersonen frei gegeben wurde. Unsere Fahrt im März 2011 musste angemeldet werden.