Vor ein paar Jahren saß ich in Hurghada in einem Taxi, aus dessen Radio Musik, wie aus einem uralten Grammophon klang. Ich fragte den Fahrer: Wer singt denn da? Oh, was, die kennst du nicht? Das ist Umm Kulthum.
Anschließend hab ich es beobachtet und dann immer wieder nachgefragt, mit dem Ergebniss: Den Namen Umm Kulthum kennt so gut wie jede/r und das nicht nur in Ägypten, sondern in der gesamten Arbischen Welt.
Umm Kulthum war die jüngste von drei Kindern. Ihre Mutter war Hausfrau, ihr Vater Imam in der Dorfmoschee. Mit etwa neun Jahren trug sie zum erstenmal religiöse Lieder in der Öffentlichkeit vor. Wenn sie mit ihrem Vater und Bruder in der Provinz unterwegs war, war sie als Junge (ver)kleidet, da Mädchen bei religiösen Festen nicht auftreten durften. Ihr Können sprach sich schnell rum und die Anfragen wurden mehr. Einige Jahre später ging sie gemeinsam mit ihrem Vater nach Kairo. Sie änderte ihren "Stil" und von da an nahm die Karriere ihren Lauf.
Man nannte sie auch den "singenden Stern des Orients" - ihre Lieder werden bis heute von Jung und Alt gehört. Ihre Texte hatten immer nur drei Themen: Die Liebe von Mann und Frau, die islamische Religion und die ägyptische Nation. 1934 (im Geburtsjahr meiner Mutti) sendete der ägyptische Rundfunk via Kurzwelle erstmals Sendungen aus. Umm Kulthum war die erste arabische Sängerin, die öffentlich auftrat. Danach hatte sie 30 Jahre lang einen festen Sendeplatz. Jeden ersten Donnerstag im Monat zog ihre Musik die Massen in allen arabischen Ländern in ihren Bann. Ihr Gesang löste so starke Emotionen aus, dass ihre Zuhörer/Innen zeitweise sogar ihre Sorgen vergaßen. Als ich im März 2009 in Kairo war, kam ich an einem Cafe vorbei, das ihren Namen trägt. Das es in fast jeder Stadt Ägyptens Cafés gibt, die nach ihr benannt sind, wusste ich damals noch nicht.
Bei einem Konzert Ende 1972 wurde sie mit Applaus empfangen, der sich eine gute halbe Stunde lang hinzog. Auch am Ende der Vorstellung rasten die Zuhörer. Es war der letzte öffentliche Auftritt der begnadeten Sängerin, was sie damals jedoch nicht ahnte. Als sie am 3. Februar 1975 in Kairo verstarb, verfiel die arabische (Musik) Welt in tiefe Trauer. Zu ihrer Beerdigung versammelten sich soviele Menschen, wie noch nie zuvor in den Straßen Kairos. Tagelang wehten die Fahnen auf Halbmast.
In der Omar Makram Moschee (nahe der Mogamma) erhielt sie ein Staatsbegräbnis, das sonst nur hohen Politikern zu teil wird. Auf dem Weg zu ihrer letzten Ruhestätte wurde der Sarg den "eigentlichen" Trägern abgenommen und mehrere Stunden, in zahlreichen Wendungen, durch die dicht gedrängten Straßen Kairos gereicht.
Mitten in Kairo, auf der Nilinsel Ronda gibt es, direkt gegenüber dem Nilometer, ein hübsches kleines Museum, das in den 90er Jahren ihr zu Ehren eröffnet wurde. Ein Besuch lohnt sich.
Erstellt am 20.12.2014