Zwischen Alltag und Urlaub liegt (meist) ein Tag, den man sich eigentlich auch sparen könnte, allerdings muss man ihn überstehen, um später von der Reise berichten zu können. (Aufgeschrieben 2006)
Wenn Eine eine Reise tut, dann kann sie viel erleben. Und genau das wollte ich. Mehr noch als bei den vergangen 19 Aufenthalten im ältesten Reiseziel der Welt - Ägypten. Ich hoffte und wünschte, dass meine 20. Reise ins Land der Pharaonen, der Sonnenhungrigen, der Taucher, der Kultursüchtigen, mir noch mehr neue und schöne beeindruckende Erlebnisse bringen würden. Aber zuerst lagen gute 10 Stunden Anreise mit allerlei Schnickschnack vor mir, bevor ich auf der Terrasse über der Stadt, die Sonne, die Geräusche und Gerüche genießen konnte. Mein Mann fuhr mich am 29.03. um 1.45 Uhr zum Flughafen, der erstaunlicherweise zu so früher Stunde gut besucht war. Die Anzeigentafel zeigte die Condor Maschine DE 6552 mit der Abflugzeit 4.15 Uhr an. Einschecken C 332, Abflug B 8.
Die Tante am Schalter fragte:
Eine Person?
Ja!
Wie viel Gepäckstücke?
Einen Koffer und Sporttauchgepäck!
Nach dem ich meinen Koffer mit 20,5 kg abgegeben hatte war das Tauchgepäck mit 24,5 kg dran. Würde es wieder klappen, dass der „Rollmops“ neben den Schwimmflossen, der Maske und den Surfshorty, gut und sicher in Hurghada landete? (Die Zeiten des freien Sportgepäcks sind seit Jahren vorbei, heute muss angemeldet und natürlich bezahlt werden.)
Haben sie Tauchlampen drin?
NEIN, antwortete ich - diesmal brauche ich keine!
Ich muss die Tasche wiegen, registrieren und sie geben sie bitte beim Sperr- und Sondergepäckschalter dort drüben auf - meinte die junge Frau ...
Alles klar, vieeeelen Dank. Eine kleine Hürde noch. Die Tasche wurde am Sondergepäckschalter durchleuchtet, ... warten. Der Mann schaute zu mir, Schreck ... und sagte dann ganz langsam zu seinem Kollegen: Alles in Ordnung. Alhamdulillah! Der erste Teil der Reise war geschafft. Ich kniff meinen Mann in den Arm und sagte: Siehste, alles wie immer. Er grinste frech und mein Puls normalisierte sich wieder. Wir verabschiedeten uns, er fuhr nach Hause und ich bleib hier. Pünktlich trottete ich in den Sicherheitsbereich. Dort fiel mir ein Paar auf, das auf den Hocker rumlümmelte, wie an der Theke einer Dorfkneipe und verdächtig rote Augen hatte, sie mehr als er, beachtete sie zunächst aber nicht weiter. Gegen 4 Uhr erklärte uns das Flughafenpersonal: Liebe Gäste, wir müssen ihnen leider mitteilen, dass es zu einer Verspätung kommt, da ein Elektronikteil der Condor Maschine defekt ist. Dieses Ersatzteil ist auf dem Weg von Frankfurt aus nach Hannover. Es wird mit einer Verspätung von zwei Stunden gerechnet.
Inzwischen hatte der kleine Kiosk im Sicherheitsbereich seine "Schotten" dicht gemacht und nicht alle hatten sich etwas zum Trinken gekauft. Ich auch nicht. Nur das Pärchen mit den „roten Augen“ hatte sich mit genügend Hochprozentigem ausgestattet, aber die Cola für die Schnapsverdünnung fehlte plötzlich und die Frau fing fürchterlich an zu meckern, weil die Bar geschlossen hatte. Klimaanlagen trocknen aus, deshalb ging ich durch den Sicherheitsbereich noch einmal nach draußen. Später stellte sich raus, dass die Maschine nicht um 6 Uhr, sondern erst um 9 Uhr starten könne und zwar mit einem Umweg über Frankfurt. Erklärung: Die Dienststunden der Crew wären überschritten, wenn die Maschine direkten Kurs auf Ägypten genommen hätte. Zwischenzeitlich hatte das Pärchen soviel Alkohol intus, dass sie randalierten. Kurzerhand wurde der Sicherheitsdienst informiert. Sie kamen zu viert und kassierten die Beiden ein. Natürlich wollte das Pärchen nicht weg und wehrte sich nach "beduselten" Kräften. ABER: Mit geschickten Handbewegungen wurden die Arme der Beiden gen Rücken gelegt, es machte zweimal klick und schon waren die Handschellen angelegt. Keine zehn Minuten später war der Spuk vorbei und in der Maschine „zwei zusätzliche Plätze frei“. Tatsächlich: „Pünktlich“ um 9 Uhr starteten wir in Richtung Frankfurt. Dort wechselte die Crew, die dann Kurs in Richtung Egypt nahm.
Nach ca. vier Stunden Flugzeit landeten wir mit einer Geschwindigkeit von 270 km auf dem Flughafen Hurghada. Aus dem Bordlautsprechen ertönte die nette Stimme einer Flugbegleiterin mit dem seit Jahren gleichen Text, nur die Ortstemperaturangaben ändern sich ab und zu: „Meine Damen und Herren, wir sind soeben in Hurghada gelandet. Das Wetter ist wolkenlos und die Außentemperatur beträgt 25°C und es ist recht windig. Bitte bleiben sie zu ihrer eigenen Sicherheit angeschnallt sitzen, bis die Maschine ihre endgültige Parkposition erreicht hat und die Triebwerke völlig zum Stillstand gekommen sind. Ich hoffe, sie hatten einen angenehmen Flug. Im Namen des Kapitäns und der Besatzung wünschen wir ihnen einen angenehmen Aufenthalt hier in Ägypten."
Dudel, dudel, Musik vom Band. Wie immer, die Maschine rollte noch und schon klickte es überall und einige, die es sehr eilig hatten, standen schon im Gang. Sie versuchten die ersten zu sein, um so evtl. schneller ins Hotel zu gelangen. Ich wartete bis sich der erste Ansturm gelegt hatte. Als ich aus der Maschine auf die Gangway trat, schlug mir 25°C warme, aber sehr schwüle Luft entgegen. Eine inzwischen schon liebgewordene Hürde stand mir noch bevor, der Kampf im Flughafengebäude. Hier, wo das geordnete Chaos herrscht und die Unvernunft zum Lebensprinzip gehört, fühle ich mich im Urlaub, ja – sogar Wohl.
Ich hoffte, dass der Tag doch noch was anderes ggf. ganz nettes für mich übrig hatte. Es war ja erst kurz nach 15 Uhr, ein paar Stunden Zeit hatte er also noch. Und er hatte, an den Bankschaltern war gähnende Leer. Es dauerte keine 10 Minuten für: Visa kleben, Einreisekarte kontrollieren, Stempel rein, gucken ob der Stempel richtig saß und schon stand ich am Kofferband. Das Ganze hatte ein bisschen was von Schallgeschwindigkeit. Das gab es bisher noch nie. Beschuppt hatte mich der Bankheini eh, er wollte 11 € für den kleinen Aufkleber. Ich Schussel hatte vergessen mir den Wechselkurs Dollar zu Euro anzugucken.
Der bestellte Minibus fuhr zuerst im Seawolf Diving Center vorbei, wo meine Freundin und Vermieterin Biggi schon wartete um den Wohnungsschlüssel zu übergeben. Dem Fahrer verklickerte wo er hin musste und unseren Doorman Faik anrief, damit er mir half meine Klamotten in den 5. Stock zu schleppen. Inzwischen komme ich mit dem "Wächter" des Hauses sehr gut aus, denn er hat begriffen, dass ich in der Wohnung immer ohne männliche Begleitung wohne. Was dann passierte, zog mir fast die Schuhe aus. Faik schickte mich vor, also schnappte ich meinen Rucksack samt Notebook und stieg die Treppen hoch. Schwitz - schloss die Tür auf, legte ab, drehte mich um und sah Faik die letzten Stufen der Treppe hoch kommen. In der einen Hand meinen riesigen Koffer mit fast 21 kg und auf der Schulter die Tauchtasche mit über 24 kg. Dieser kleine Kerl schien Kraft für drei zu haben. Ich kann es immer noch nicht glauben. Völlig perplex drückte ich ihm ein „eher unüberlegt fürstliches Trinkgeld“ in die Hand. Aber nicht ohne einen klitzekleinen Hintergedanken, denn ich wollte ihn fragen, ob er mir nicht mal eine Kiste Wasser besorgen könne.
Am Abend saß ich mit stecknadelkopfgroßen Augen, noch ein wenig bei einer Freundin im Shop, und hörte mir die neusten Hurghada News an, bevor ich im kleinen Supermarkt noch eine Flasche Wasser besorgte und dann wieder in den 5. Stock stieg, um den Tag ausklingen zu lassen. Es war immer noch sehr warm - schwüle 27 Grad. Gegen 23 Uhr und 39 Stunden "Non Stop" lag ich völlig erledigt in der „Waagerechten“. In ein paar Stunden konnte der eigentliche Urlaub beginnen und ich war schon sehr gespannt, was dieses mal so alles passieren würde.